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Sonntag, 27. Januar 2013

Das Leben im Outback

Mittlerweile bin ich schon 3,5 Wochen hier im Roadhouse. Und es läuft besser als gedacht. So richtig langweilig ist mir noch nicht geworden. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich und interessant. Alle sind hier sehr nett und man trifft sich auch ab und an mal auf ein Bierchen. Manchmal passieren hier sogar sehr aufregende Sachen. 
Wenn man so isoliert lebt, fragt man sich natürlich, wie es mit der medizinischen Versorgung läuft. Ich habe Euch ja erzählt, dass wir auch ein Flugfeld haben. Und einmal im Monat oder aller 2 Monate kommt der Royal Flying Doctor vorbei. Er fliegt dann entlang der Nullarbor Plain und besucht alle abgelegenen Siedlungen dort. Eines muss man Australien ja lassen. Du kannst mitten im Nirgendwo wohnen, aber die Versorgung klappt. Vor 2 Wochen kam dann echt der Royal Flying Doctor vorbei und Dave fragte wer ihn sehen möchte. Nun ist es ja so, dass, wenn man hier als Deutscher zum Arzt geht, keine Medicard (Krankenversicherungskarte) hat und schon mal 80$ nur für die Untersuchung zahlen darf. Der Royal Flying Doctor ist kostenlos und so habe ich das Angebot doch gleich mal wahrgenommen. Und ich bin in absolut unbeschwerter Verfassung. Alles bestens. Der Royal Flying Doctor lebt einzig und allein von Spenden und hilft den Menschen im Outback. In unserer Region hat er seine Basis in Kalgoorlie. Fast jedes Roadhouse hat eine Spendenbox für den RFD. Und das ist echt mal eine wahrhaftig sinnvolle Spende. Denn im Notfall ist man echt froh, wenn der RFD vorbeikommt und einem hilft. 

Unser Flugfeld


... und dann kam der Royal Flying Doctor vorbei :)


7 Tage nachdem ich hier angekommen bin, war es dann schon wieder soweit. Mein zweiter Geburtstag in Australien. 25 Jahre und das Leben könnte nicht besser sein mit 25 :) Es ist natürlich auch dieses Jahr etwas seltsam gewesen seinen Geburtstag soweit weg von zu Hause zu feiern, aber auch dieses Jahr habe ich das Beste draus gemacht und ich wurde sogar mit einem sehr leckeren Geburtstagskuchen von meinem Kollegen überrascht. Abends haben wir noch ein paar Bierchen getrunken. Es war nun nicht der aufregendste Geburtstag, aber ich war doch froh, dass mir soviele Leute übers Internet gratuliert haben.

Geburtstagskuchen mit Vanillepudding :)


Einen Tag später hat es aus Strömen geregnet und ich hatte schon 12 Uhr Feierabend. Es ist zwar so, dass man hier gut versorgt wird, aber so ein paar essentielle Dinge fehlen dann doch bzw. sind sie in unserem Shop einfach viel zu teuer.  Den ganzen Tag nur Wasser, Tee und Kaffee zu trinken, ist echt nicht mein Fall. Und auch so ein paar Snacks und Bierchen für die Freizeit fehlen etwas. Essentielle Dinge wie Duschbad, Zahnpasta etc. wollte ich mir dann auch gleich für die nächsten Monate kaufen. Im strömenden Regen habe ich mich dann dazu entschlossen ins 200km entfernte Norseman zum nächsten Supermarkt zu fahren. Und dort habe ich den Einkaufskorb richtig voll gemacht :) Und dann ging es auch schon wieder 200km zurück. Ich habe für 300$ eingekauft und dabei gleich noch 70$ an Sprit verfahren. Aber das war es wert. Nun bin ich erstmal ausreichend versorgt und hey, ich kann jeden erzählen, ich bin 400km gefahren, um einen Supermarkt zu finden :D


Einen Tag später hatte ich dann meinen ersten freien Tag. Also bis jetzt war ich ja immer froh, pünktlich Feierabend zu haben oder das Wochenende zu genießen. Aber hier will einfach jeder so viel wie möglich arbeiten. Es macht keinen Unterschied ob man pünktlich Feierabend macht oder Überstunden schiebt, denn was hat man denn schon zu tun vor und nach der Arbeit?  :D Mein ertser freier Tag war fürchterlich. Ihr wollt wissen, wie hier ein typischer Tag aussieht, an dem man frei hat? Lange Schlafen, das Internet durchforsten, am Pool liegen, das Zimmer aufräumen, Wäsche waschen, Mittagsschlaf machen, Filme schauen, über das Gelände spazieren und einfach Nichtstun. Es klingt sehr toll, aber man fühlt sich am Ende des Tages so nutzlos und unproduktiv. Das Motto lautet hier also: Arbeiten bis zum umfallen ;) Jeder arbeitet hier so um die 40 Stunden pro Woche und jeder bekommt normalerweise einen Tag frei pro Woche. Bei 40 Stunden und 25,30$ Stundenlohn sind das 1012$ pro Woche. Nach Abzug von Steuern und die 135$ für Unterkunft und Essen bleiben mir also so um die 600$ pro Woche. Wir werden alle 2 Wochen bezahlt. Alle 2 Wochen bekomme ich also um die 1200$ auf mein Konto. Meine Ausgaben sind gleich null. Nach ungefähr 17 Wochen Arbeit sollte ich also mein Ziel 10000$ erreicht haben.
Nun möchte ich Euch aber mal zeigen, was ich hier eigentlich mache und was es hier so an Arbeit gibt. Es gibt hier grob gesagt 6 Bereiche. Shop, Bar/Restaurant, die Küche, Housekeeping, Maintenance (Instandhaltung und Pflege) und Administration. Jeder kann prinzipiell überall eingesetzt werden. Aber Dave hat natürlich so eine Art bevorzugten Bereich für jeden. Ich habe in jeden Bereich jetzt schon mal arbeiten dürfen, außer Adminitration, was natürlich für Dave und Mike vorbehalten ist.

Typischer Schichtplan





Küchenhilfe


In der Küche gibt es eine Früh- und eine Spätschicht jeweils für den Koch. In der Spätschicht bekommt der Koch zusätzlich für die letzten 2 Stunden eine Küchenhilfe. Ich habe bis jetzt 3 mal als Küchenhilfe gearbeitet. Es gibt tolle und nicht so tolle Aufgaben. Zu den weniger interessanten Aufgaben zählt das Geschirr und die Kochuntensilien abzuwaschen. Da wir ja hier ein wenig Wassermangel haben, gibt es keinen Geschirrspüler. Alles muss also von Hand abgewaschen werden. Dann gibt es aber noch die schöne Aufgabe der Food Preparation. Hier greift man den Koch unter die Arme. Gemüse und Früchte schnippeln und klein hacken, Zwiebeln und Kartoffeln schälen, unendlich viele Brötchen und Brote mit Butter beschmieren, Servietten falten, Teig für den Ofen präparieren und einfach alle Handlangerarbeiten, was die Zubereitung angeht. Eine weitere Aufgabe ist die fertigen Gerichte den Kunden zu servieren. Letzendlich muss die Küchenhilfe Abends dann noch die Küche mit dem Koch säubern. Fazit: Als Küchenhilfe lässt es sich aushalten.

Die Küche



Das Trockenlager


Shop

 
Im Shop setzt mich Dave am häufigsten ein. Hier gibt es ebenfalls eine Früh- und Spätschicht. Gott sei Dank setzt mich Dave immer in der Spätschicht ein, denn 5:30 Uhr aufstehen ist echt nicht mein Fall :D Er hat mich sogar einmal gefragt, ob ich eine Morgenperson bin. Ich meinte nur: „Absolut nicht“ Er meinte nur, dass mir dann wohl besser die Spätschichten gibt. Ich mache hier das selbe, wie auch schon im IGA in Broome. Ich kassiere. Hauptsächlich verkaufe ich natürlich Benzin und Autogas, aber natürlich auch die ganzen anderen Produkte im Shop. Außerdem nehme ich die Bestellungen für die Küche entgegen. Ich buche Leute in die Motelräume und den Caravanpark ein und erkläre ihnen Alles. Eine ganz coole Erfahrung ist die des Baristas. Ein Barista ist sowas wie ein Kaffeeexperte. Wir haben im Shop eine richtige Kaffeemaschine, wo man den Kaffee mahlen muss, die Milch aufschäumen muss und dann die verschiedensten Kaffeesorten kreieren muss. Ich habe gelernt, wie man einen richtigen Long/Short Black (schwarzer Kaffee), Flat White (Milchkaffee), Latté, Cappucino, Macchiato und Mocca macht und was die Unterschiede zwischen den Kaffeearten sind. Man glaubt gar nicht, dass Kaffeemachen so eine Wissenschaft sein kann :D Aber ich finde es absolut cool, ein richtiger Barista zu sein und so zu tun als ob man die tollsten Kaffees der Welt zaubern kann. In der Spätschicht bin ich dann auch verantwortlich für die Schließung. Ich muss alles sauber machen, d.h. Kaffeemaschine und Bain Marie (Heißes Buffet) sauber machen, Tische sauber machen, den Boden Fegen und wischen. Die Getränke in den Kühlschränken müssen aufgefüllt werden. Gegen 21:30 Uhr muss ich dann die ganzen Zählerstände der Benzinsäulen und am Autogastank ablesen. Danach muss ich in den Benzintanks selbst nachschauen, wie viel Liter noch drin sind. Das ist jedes Mal eine ziemliche Sauerei und meine Hände stinken danach immer schön nach Diesel und Benzin. Um 22 Uhr schließe ich dann den Shop und es kommt eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe auf mich zu. Die Kasse muss gezählt werden und der Schichtreport gezogen werden. Ganz wichtig. Wenn dort große Abweichungen und Fehler sind, dann gibt es Anschiss von Dave ;) Dann muss ich noch den Umsatz für die Motelräume und den Caravanpark zusammenrechnen und eine Liste für das Housekeeping erstellen, damit sie wissen, welche Räume am nächsten Tag gesäubert werden müssen. Letztendlich muss ich dann noch alle Lichter ausschalten und das ganze Hauptgebäude abschließen. Fazit: Die Arbeit im Shop macht super viel Spaß. Es ist abwechslungsreich und man hat viel Kundenkontakt. Das Kaffeemachen ist eine absolut neue Erfahrung für mich und insgesamt wird einem hier auch ziemlich viel Verantwortung übergeben.

Der Shop




Mein häufigster Arbeitsplatz: Die Kasse
Am Ende der Theke sieht man mein neues Lieblingsspielzeug: Die Kaffeemaschine :)


Das Museum


Housekeeping

Im Housekeeping habe ich jetzt auch schon öfters gearbeitet. Die Hauptaufgabe besteht natürlich darin, die Motelräume für die ankommenden Gäste sauber zu machen. Pro Raum hat man ein Budget von 30 Minuten, wenn man allein ist und 15 Minuten, wenn man zu zweit ist. Die Betten müssen abgezogen werden und mit frischen Bettzeug bezogen werden. Ja, ich habe gelernt, wie man Betten bezieht. Eine unglaublich wertvolle Erfahrung :D Dann muss das Bad gereinigt werden. Spiegel, Waschbecken, Dusche und Toilette. Letzendlich muss noch der Kaffee, Tee und Zucker aufgefüllt werden, der Mülleimer geleert werden und im Bad gewischt bzw. im Schlafraum staubgesaugt werden. Wenn wir zu zweit sind, dann macht einer immer die Betten, während der andere das Bad sauber macht. Im nächsten Raum tauscht man dann. Wenn es voll war die Nacht zuvor, kann man dann damit auch schon mal 6-7 Stunden verbringen. Weitere Aufgaben des Housekeepings sind die öffentlichen Toiletten zu säubern und die Bar zu wischen und zu staubsaugen. Fazit: Es ist interessant mal in diesen Bereich zu arbeiten, wenn man den ganzen Tag aber nichts anderes macht als Zimmer sauber zu machen und Betten zu beziehen, wird es allerdings doch recht monoton.

Das ist eines unserer Standardzimmer für 130$ die Nacht, wie man es am Morgen vorfindet.



Dann rückt die balladonische Putzkolonne an...


... und 15 Minuten später ist das Zimmer fertig für den nächsten Gast.
Habe ich die Betten nicht schön gemacht? :)


Bar/Restaurant

Mein absoluter Lieblingsjob hier ist hinter der Bar zu arbeiten. Die Bar und das Restaurant sind kombiniert und geöffnet von 17:30 Uhr bis 20:30 Uhr. Ich kann mich hier mit etwas austoben, was ich schon immer mal machen wollte. Die Arbeit als Barkeeper. Ich kann es kaum glauben, aber ich darf Getränke mixen und Alkohol ausschenken was das Zeug hält. Longdrinks, Softdrinks, Biere und Weine. Mit Cocktails wurde ich bis jetzt zum Glück noch verschont. Aber es macht super Spaß hinter der Bar zu arbeiten und sich mit den Reisenden zu unterhalten. Ab und an habe ich dann auch mal so ein paar peinliche Momente, wenn die Kunden Drinks bestellen, die ich noch nie in meinem Leben gehört habe. Aber easy wie die Australier sind, erklären sie mir dann, was man alles zusammen mixen muss :D Neulich fragt mich doch dann jemand, welche Weine ich denn hätte und welchen Wein ich empfehlen würde. Sehe ich etwa wie ein Weinkenner aus? Alles was ich probiert habe bis jetzt, ist dieser eklige Goon :D Eine weitere Aufgabe ist dann die Restaurantbestellungen entgegen zu nehmen. Den Rest übernimmt dann aber die Küchenhilfe. Nach 20:30 Uhr folgt man dann der gleichen Prozedur, wie im Shop. Kasse zählen, Schichtreport ziehen, Getränke auffüllen und sauber machen. Fazit: Eine absolut aufregende Erfahrung. Definitiv mein Lieblingsjob hier im Roadhouse.

Das Restaurant und die Bar




Und hier arbeite ich am liebsten :)



Maintenance

Maintenance kümmert sich um die Instandhaltung, Pflege, die Technik und den reibungslosen Ablauf auf dem gesamten Gelände. Trevor und Kevin sind hier hauptsächlich tätig. Ich bin halt so eine Art Handlanger, wenn ich dort eingesetzt werde. Das schöne bei Maintenance ist, dass man vor allem draußen im Freien arbeitet. Aber die hohen Temperaturen machen einen doch auch ganz schön zu schaffen. Eine Hauptaufgabe von Maintenance ist die Trinkwasserkontrolle. Kevin checkt jeden Morgen die Tanks und die Wasserleitungen. Außerdem repariert er alle Dinge, die irgendwie kaputt sind. Kaputte Glühbirnen, tropfende Wasserhähne und und und. Ich muss hauptsächlich den „Rubbish Run“ machen. Der Rubbish Run ist eine ganz außergewöhnliche Tätigkeit. Was macht man mit den ganzen Müll, wenn man im Outback lebt und es keine Müllentsorgung gibt? Richtig, man fährt mit einem Anhänger über das gesamte Gelände, leert jede Mülltonne aus und schmeißt den Müll in seinen Anhänger. Dann holt man sich 3-5 Liter Benzin von der Tankstelle und fährt mit seinem Müll zu einer privaten Müllkippe, einige hundert Meter entfernt vom Gelände. Man entlädt den Müll und tränkt ihn reichlich mit dem Benzin. Und dann gibt es ein schönes Feuerchen. Flammen und Knallen überall. Konventionelle Müllentsorgung. Das macht jedes Mal einen riesigen Spaß diesen Müllberg anzuzünden :D Man muss halt nur aufpassen, dass man sich nicht selbst anzündet ;) Auch im rückwärtsfahren mit einem Anhänger bin ich mittlerweile ein Meister.

Der Rubbish Run beginnt mit dem ausleeren aller Mülltonnen. Der ganze Müll kommt in den Anhänger.


 Dann gehts zur eigenen "Mülldeponie" und der ganze Müll wird auf einen Berg aufhehäuft.


 Da freut sich aber einer, gleich mit ein paar Litern Benzin ein schönes Feuerchen legen zu dürfen :D


Mission erfüllt. Müll verbrannt.
Man beachte meine professionelle Brandspur :)


Maintenance ist echt harte Arbeit, aber auch sehr abwechslungsreich, weil es immer wieder neue Projekte gibt. Dave hat 4 neue Wassertanks bestellt, jeder mit einem Fassungsvermögen von 250000 Liter. Kevin und ich mussten hierfür das passende Fundament bauen. Es hieß stundenlang Kies und Sand schippen und dann durfte ich alle 4 Fundamente noch mit der Rüttelmaschine verdichten. Das war echt schweißtreibende Arbeit, aber meint ihr nicht auch, das das Resultat echt gut aussieht? Dann steht auf dem Gelände auch immer noch das alte mit Asbest verseuchte Roadhouse. Dave hat entschieden, dass das Gebäude Platz machen muss für einen neuen Parkplatz und neue Toiletten. Trevor macht also das ganze Gebäude platt und entsorgt den Asbest. Ich habe ihm dabei ein paar mal geholfen. Und es ist so geil, wenn man einen ganzes Dach einstürzen lässt und einfach alles kaputt machen darf :D Fazit: Maintenance ist definitv die härteste Arbeit hier, aber auch die abwechslungsreichste, da es immer wieder etwas neues zu tun gibt. Und man arbeitet im Freien, was das ganze etwas angenehmer gestaltet, wenn es nicht gerade 45°C sind ;)

Die Fundamente für die neuen Wassertanks

Kevin hart am arbeiten

Und fertig sind die Fundamente

Ich habe mich präpariert, um mit der Rüttelplatte alles zu verdichten.
Mit Sonnenschutz und Ear Muffs, die verhindern, dass ich taub aus der ganze Sache rauskomme.

Und dann haben die Profis die Tanks aufgebaut.


Das alte mit Asbest verseuchte Balladonia Roadhouse

Wir haben es zum einstürzen gebracht und gnadenlos dem Erdboden gleichgemacht :)
Ein super Spaß :)


Bei Maintenance sieht man dann auch ab und zu mal schöne Sonnenuntergänge.


Das ist übrigens der Truck mit 3 Anhängern, der jede Woche nicht nur unsere Tankstelle, sondern auch unseren Generator mit Benzin versorgt, damit wir Strom haben.



Es gibt dann halt immer wieder mal ein paar Sonderaufgaben. Ich zum Beispiel muss jeden Freitag den Truck ausladen mit der wöchentlichen Lieferung, alles an seinen Platz befördern und dann checken, ob wirklich alles geliefert wurde.
Es ist so schön zum Abschluss noch einmal im australischen Outback zu arbeiten und zu leben. Viele der Tätigkeiten sind für mich neu und ich freue mich, dass ich diese Erfahrung noch mitnehmen kann. Gerade die Arbeit an der Bar, das Kaffeemachen und die verschiedenen Projekte in Maintenance sind für mich einmalige Erfahrungen, die ich so wahrscheinlich nicht noch einmal bekommen werde. Ich liebe Australien. Auch nach 17 Monaten lerne ich immer noch neue Seiten kennen und mache die schönsten Erfahrungen.

Montag, 21. Januar 2013

Balladonia Roadhouse

Nachdem ich die letzten 200km auf dem Weg von Perth zum Balladonia Roadhouse gefahren bin,  war ich endlich an meinem neuen Arbeitsplatz angekommen. Das Roadhouse liegt im Nirgendwo am Eyre Highway 200km von der nächsten Stadt, Norseman, im Westen entfernt und ca. 1700km von Adelaide im Osten entfernt. Es ist eine typische Raststätte, wie man sie im Outback Australiens trifft. Es gibt eine Tankstelle, Motelräume, einen Campingplatz und sogar eine Bar und ein kleines Museum lässt sich hier finden. Das Roadhouse gibt es schon seit den 70er Jahren. Die Gegend hier ist bekannt für einen Satelliten namens Skylab. Skylab, von der NASA ins All geschickt, ist hier wieder in die Atmossphäre eingetreten und nahe des Roadhouses abgestürzt. Ein Teil des Museums dreht sich um die Geschichte von Skylab. Auf einem Bild sieht man sogar wie der damalige Ranger der Region dem Direktor der NASA ein Strafzettel über 200$ wegen Littering (Umweltverschmutzung) ausstellt :)
 
Als ich angekommen bin, wurde ich von Mike empfangen, einen Engländer und Backpacker, der hier sowas wie die rechte Hand von Dave, dem Manager ist. Er hat mich ein wenig herum geführt und mir das Gelände gezeigt. Es gibt ein Hauptgebäude, wo sich der Shop, das Restaurant / die Bar, die Tankstelle, das Museum und die Küche befindet. Dann gibt es 2 Motelblocks, einen Schuppen, wo sich ein Kühlraum drin befindet, das Lager fürs Housekeeping und die Ladezone für die wöchentliche Lieferung. Es gibt noch ein kleines Häuschen, wo sich die Waschmaschinen befinden. Dann gibt es sogennante Dongas (containerartige Häuschen), wo das Personal wohnt, also auch ich dann. Außerdem gibt es auch noch ein Flugfeld mit einer Schotterpiste für den Royal Flying Doctor und ein Haus, wo der Generator für die Stromversorgung drin ist. Ansonsten gibt es noch jede Menge Wassertanks. Wie überall in der Region ist die Wasserversorgung hier das größte Probleme. Wenn es regnet, wird das Regenwasser über hunderte Meter lange Erdrinnen gesammelt und in einen kleinen Stausee geleitet. Jede Menge Wasser geht jedoch durch die Sonneneinstrahlung wieder verloren und so muss das kostbar gewonnene Wasser in riesigen Wassertanks gespeichert werden. Nur mal als Fakt: Es ist günstiger und ökonomischer, die Bettwäsche der Motelgäste jede Woche ins 400km entfernte Kalgoorlie zu fahren, anstatt die Wäsche hier zu Waschen. Denn das bedeutet jede Menge unseres kostbaren Wassers würde verloren gehen. Aber keine Angst, verdursten werde ich hier nicht und genug zum Duschen und Toilette spülen ist auch da ;) Aber es ist schon sehr erstaunlich. Der kleine Stausee und der Generator sind die Lebensader von Balladonia. Ohne eines von Beidem würde hier nichts funktionieren.

Das Hauptgebäude


Der Motelblock


Swimming Pool :)


Unsere Trinkwasserquelle


Mike hat mich dann ein paar Kollegen vorgestellt. Meine Kollegen sind Jac und Lena aus Melbourne, Jae, Kareen und Kevin aus Neuseeland, Mike und Phil aus England, Lisa aus Irland und Arthur aus Kanada. Ja ihr habt richtig gelesen. In Balladonia leben mit mir und Dave dem Manager nur 11 Leute. Das werden die einzigsten 11 Leute sein mit denen ich die nächsten Monate meine Zeit verbringen kann. Dann hat mir Mike mein neues zu Hause gezeigt. Ich kann es gar nicht fassen. Es ist wie gesagt nur eines der Dongas, ein vielleicht 10-15m² großer Raum mit einem einfach Bett und ein paar Möbeln, aber ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was es für ein Gefühl ist nach fast 17 Monaten des Teilens mit anderen Leuten endlich mal wieder allein in den eigenen 4 Wänden zu leben. Traumhaft. Und das ist noch nicht alles. Ich habe sogar einen Fernseher, einen DVD-Player, Klimaanlage und einen Kühlschrank in meinem Raum. Das Badezimmer teile ich mir mit Phil, der von der anderen Seite aus seinem Raum Zugang hat. Ein Stück Privatssphäre. Das ist Gold wert. Auch mit dem Essen läuft es hier wunderbar. 135$ wird mir jede Woche vom Gehalt abgezogen für Unterkunft und Essen. Dafür bekomme ich aber auch fast alles. Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Früchte, Muffins, richtigen Kaffee und und und gibt’s auch. Und das allerbeste, eine schwache Internetverbindung gibt’s auch und den Swimming Pool darf ich auch benutzen :)

Hinterm Auto seht ihr mein Zimmer


Mein Reich !




Ich habe mich dann 1 Stunde häuslich eingerichtet und dann ging es auch schon mit der Arbeit los. Es war Freitag und freitags kommt immer der Truck aus Perth, Kalgoorlie oder Esperance mit der wöchentlichen Lieferung mit allem was so in Balladonia gebraucht wird. Ich musste also den Truck mit ausladen und habe gleich mal einen Eindruck bekommen, wo sich was befindet. Die nächsten 2 Tage wurde ich dann im Shop eingesetzt und ein wenig angelernt. Dort habe ich eigentlich das gemacht, was ich auch schon im IGA in Broome gemacht habe. Kassieren ohne Ende :)  Dave habe ich dann auch persönlich kennengelernt. Er scheint manchmal etwas pingelig zu sein, aber Alles in Allem macht er einen ganz korrekten Eindruck. Dann schauen wir mal wie es wird…

Ein letztes Mal Arbeiten in Australien. Ein letztes Mal Geld verdienen. Und zum Ende meines Abenteuers wird es zudem  eine richtig extreme Erfahrung werden. Zum einen bekomme ich endlich ein Stück Privatssphäre zurück. Und auch der Job ist vielversprechend, da ich hier in sämtlichen Bereichen eingesetzt werde und noch mal so einiges ausprobieren kann. Auf der anderen Seite kann ich mir noch nicht so richtig, wie das Leben hier sein soll. Meine Arbeitsstelle ist auch mein zu Hause. Es gibt nur 10 andere Personen mit den ich reden kann. Und das Schlimmste wird die Abgeschiedenheit sein. Es ist 200km bis in die nächste Stadt. Es gibt keine Läden, kein Handyempfang und auch keine wirklichen Freizeitbeschäftigungen, denn hier gibt es absolut NICHTS. Ringsherum um Balladonia gibt es nur Busch. Was macht man hier, wenn man nicht arbeiten muss? Ameisen zählen? Blumen züchten? Versuchen Golfbälle zu stapeln? Ich habe keine Ahnung.

Donnerstag, 10. Januar 2013

Wave Rock und Kalgoorlie

Es wurde Zeit Perth zu verlassen und die letzte Etappe meines australischen Abenteuers einzuläuten. Es sind um die 1000km bis zum Balladonia Roadhouse. Leider habe ich dieses Mal Niemanden gefunden, der mit mir kommen wollte. Wer möchte auch schon nach Kalgoorlie oder Norseman :D Ich fuhr also der erste Mal ganz allein, was überraschenderweise aber auch überhaupt nicht schlimm war. Es war einfach nur toll hunderte von Kilometern die Strasse entlang zu fahren und die Landschaft zu genießen. Wenn ich schon 1000km zu einem Ort fahre, dann will ich natürlich auch etwas sehen auf dem Weg. Ich hatte 2,5 Tage Zeit, um zum Balladonia Roadhouse zu kommen. Mein Weg führte mich dann auf den Brookton Highway durch die Hügellandschaft und Wälder hinter Perth. Dann ging es einige 100km durch Weizenfelder. Unendlich lange Weizenfelder. Deshalb wird diese Region auch „Wheatbelt“ genannt. 


Insgesamt ging es 300km östlich zu einem kleinen Ort, namens Hyden. Das spezielle an diesem Ort ist, dass es hier ein einmaliges Naturspektakel zu bestaunen gibt: Den Wave Rock. Es handelt sich hierbei um einen Granithügel, der durch Erosionen, Regen und Sonnenschein wie eine riesige Welle im Meer aussieht. Aber seht selbst. Die Bilder vom Wave Rock sehen fast besser aus, als er in echt aussieht ;) Danach habe ich mich noch auf einen Rundweg über den Felsen begeben. Sehr interessant war auch Folgendes. Wir befinden uns in Hyden bereits in einer sehr trockenen Region. Trinkwasser ist also Mangelware. Die Bewohner von Hyden haben auf dem ganzen Felsen also eine Art Mauer gebaut. Wenn es jetzt regnet, dann fließt das Regenwasser an den Mauern entlang in einen kleinen Stausee. Dann hat man noch einen kleinen Damm gebaut und fertig ist die Trinkwasserversorgung von Hyden.









 
Nach einem kleinen Mittagessen am Wave Rock und einen kleinen Abstecher zu „The Humps“, ein weiterer Granitfels, habe ich mich dann auf eine weitere 150km lange Schotterstrasse nördlich nach Southern Cross begeben, um auf die Hauptverkehrsstrasse, den Great Eastern Highway, zurückzukommen. 



In Southern Cross hatte ich mich dann dazu entschieden, nochmal 200km bis Kalgoorlie zu fahren, da ich dann den nächsten Tag dort fast den ganzen Tag hätte verbringen können. 700km an einem Tag. Klingt echt lang, war es aber überhaupt nicht. Hier in Australien fühlen sich 300km wie 100km an. Es ging als von Southern Cross Richtung Kalgoorlie und mittenhinein in der Region der Eastern Goldfields. Wie der Name schon vermuten ließ, dreht sich hier alles um Gold.
Bevor ich Euch erzähle, was ich hier Alles gesehen habe, muss ich Euch ein wenig Geschichte dazu erzählen. Geschichte in Australien ist ja eigentlich immer sehr rar, aber in dieser Region ist es wirklich interessant, die Geschichte zu kennen und vor allem ist es auch wichtig, um zu verstehen, was man hier alles so sieht. 1892 hat Arthur Baley an einem Ort, namens Fly Flats 18kg an Gold gefunden. Als er dieses Gold dann nach Southern Cross gebracht hatte, haben über Nacht fast alle Bewohner Southern Cross verlassen und wollten ihr eigenes Glück versuchen. Quasi übernacht wurde nahe der Fly Flats die Stadt Coolgardie gegründet und somit auch der letzte richtige Goldrausch in der Geschichte der Menschheit eingeläutet. Immer mehr Menschen aus ganz Australien und später auch aus anderen Nationen strömten in die Eastern Goldfields. 1893 wollte der Goldschürfer Paddy Hannan nach neuen Goldstätten suchen und stolperte zufällig über Gold 50km entfernt von Coolgardie. Er gründete die Siedlung Kalgoorlie und die angrenzende Golden Mile wurde zur berühmtesten Goldschürferstätte Australiens. Der Goldrausch ging weiter und im Nichts entstanden in der Region über 50 neue Stätte. Insgesamt zog es um die 180000 Menschen bis zur Jahrhundertwende in die Region, um ihr Glück im Goldschürfen zu finden. Die Bedingungen waren allerdings rau. Krankheiten, fehlende medizinische Versorgung, nicht genügend Unterkünfte und und und. Das größte Problem war allerdings Wasser. Dies ist eine der trockensten Regionen Australiens und Wasser war absolute Mangelware. Nach einigen Versuchen, Trinkwasser aus den Salzwasserseen zu gewinnen, hat man sich einer großen Vision hingegeben. Eine Wasserpipeline von Perth bis in die Goldfields. Und bis 1903 hat man tatsächlich eine über 560km lange Pipeline von Perth nach Kalgoorlie gebaut. Die Pipeline ist noch heute die Lebensader vieler Städte in den Eastern Goldfields. Kalgoorlie entwickelte sich bis zur Jahrhundertwende zum Zentrum des Goldrausches. Prunkvolle Gebäude wurden gebaut. Aber wie es bei einem Goldrausch immer ist, verflog der Enthusiasmus vieler Goldgräber auch schnell wieder. Spätestens nach dem ersten Weltkrieg war der Goldrausch vorbei und Enthusiasmus schwand ebenso wie das Geld in den Städten. Gold war der Lebensmittelpunkt. Viele Städte wurden verlassen und wurden zu echten Geisterstädten. Nach einer Minenschließung in der Stadt Gwalia zum Beispiel verließen über Nacht alle Einwohner die Stadt und die entstandene Geisterstadt ist heute noch ein imposanter Ausflugsort für Touristen. Kalgoorlie ist die einzigste Stadt die den Goldrausch wirtschaftlich überstehen konnte und heute noch das wirtschaftliche und soziale Zentrum der Region ist.

OK, genug zur Geschichte. Dann erzähle ich Euch mal, was ich alles gesehen habe. Der Great Eastern Highway nach Kalgoorlie folgt exakt der Strecke der Wasserpipeline, von der ich Euch erzählt habe. Ist schon beeindruckend, was die Leute um 1900 in der Lage waren, zu errichten. Es wurde dann jedoch dunkel und ich entschloss mich in Coolgardie, 50km vor Kalgoorlie, zu übernachten. Ein kleiner Spaziergang über die Hauptstrasse Coolgardies war echt schockierend. Man sah noch den einstigen Prunk der Stadt und der Gebäude. Jedoch stehen 70% der Gebäude einfach leer. Man kommt sich vor, wie in einer Geisterstadt im Wilden Westen. Es war echt unheimlich entlang der Hauptstrasse zu laufen. Coolgardie ist ein Paradebeispiel des gescheiterten Goldrausches. Man kann gar nicht glauben, dass Coolgardie um 1900 mit 15000 Einwohnern noch die drittgrößte Stadt in Western Australia nach Perth und Fremantle war. Von diesem Glanz ist nichts übrig geblieben. Heutzutage ist Coolgardie mit gerade Mal 1200 Einwohner lediglich ein Zwischenstop für den Transit von Perth oder von Adelaide. 




Am nächsten morgen bin ich dann die letzten 50km nach Kalgoorlie-Boulder gefahren, der offizielle Name der Stadt. Zunächst habe ich mir das Zentrum etwas angesehen. Hier sieht man immer noch Gebäude im Wild West Stil und den Prunk von damals. Aber ganz schnell wird hier auch klar, dass Kalgoorlie eine Minenstadt ist. Die Bars, Pubs, Bordelle und Tatoowierstudios reihen sich hier förmlich aneinander. 










Danach habe ich das Museum besucht, in dem es sich natürlich hauptsächlich um Gold und den Goldrausch geht. Sehr interessant und empfehlenswert, solltet ihr irgendwann mal in Kalgoorlie landen. 




Danach ging es zum Mt. Charlotte Lookout. Dort endet zum einen die 560km lange Wasserpipeline von Perth und zum anderen hat man einen tollen Ausblick über Kalgoorlie und den angrenzenden Superpit, auf den ich gleich noch eingehe. 



Dann ging es auf in den KCGM Showroom. KCGM ist der größte Arbeitgeber in Kalgoorlie und betreibt den größten Goldtagebau in der Region. Ich habe mir riesige „Dump Trucks“ angesehen, die das Gold aus den Minen befördern und habe mir ein wenig andere Technik des modernen Goldabbaus angesehen.








Dann kam aber das eigentliche Highlight in Kalgoorlie. Ich wollte auf jeden Fall auch mal eine Goldmine sehen. Ok, es war ein Tagebau, aber trotzdem sehr imposant. Der Super Pit. Erinnert ihr Euch an die Golden Mile, die ich oben erwähnt habe. Bis 1989 gab es hier viele unabhängig voneinander arbeitende Goldminen. Das Goldwurde unter Tage abgebaut. Ein sehr schlauer Mann, Allan Bond, hat es dann 1989 tatsächlich geschafft alle einzelnen Minen auf der Golden Mile in einer Gesellschaft zu konsolidieren. Größere Maschinen konnten nun Gold abbauen und wesentlich effektiver. Anstatt das Gold in einer Mine zu fördern, errichtete man einen riesigen Tagebau, den sogenannten KCGM Super Pit, der direkt an die Stadt angrenzt. 3.6km lang. 1.3km breit und 360m tief. Hier sehen sogar die großen Dump Trucks aus wie Spielzeugautos. Selbst wann man sich das ganze nur mal bei Google Maps anschaut, bekommt man schon ein Gespür für die riesige Dimension hier. Bis 2018 kann hier noch Gold gefördert werden. Abgebaut wird rund um die Uhr. Was daraus aus dem Tagebau wird und vor allem auch aus Kalgoorlie, das den Goldtagebau als Wirtschaftsmotor braucht, weiß man nicht






Für mich war es auf jeden Fall sehr interessant mal etwas über Gold und den damaligen Goldrausch hier in der Region zu erfahren. Kalgoorlie: Definitiv eine Reise wert! Ich bin dann noch 200km nach Süden gefahren, wo ich dann in Norseman übernachtet habe. Norseman ist die letzte Stadt bevor es in die endlose Weite der Nullarbor Plain ging. Von dort aus waren es nur noch 200km bis zum Roadhouse am nächsten Morgen.