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Freitag, 27. September 2013

Tanna / Vanuatu

2 Tage habe ich in Tanna verbracht. 2 Tage die es absolut in sich hatten. So etwas wie hier, habe ich vorher  noch nicht gesehen. Ich muss Euch zunächst ein Bild machen von Tanna. Tanna liegt 1 Flugstunde südlich von Efate. Das modernste Gebäude der Insel ist der Flughafen. Geteerte und befestigte Straßen gibt es nicht. Die einzig geteerte Straße ist die Landebahn des Flughafens. Die braucht man aber auch nicht, denn es gibt wahrscheinlich nur ein paar Dutzend Fahrzeuge auf der gesamten Insel. Eine wirkliche Stadt in Tanna gibt es nicht. Es gibt ein kleineres Dörfchen namens Lenakel, wo die Inselbewohner alles finden, was sie zum Leben brauchen. Eine Bankfiliale, ein Fleischer, ein Postbüro, ein Telekommunikationsladen und einen klitzekleinen Supermarkt. Die Einheimischen sind Selbstversorger. Lenakel ist ebenso der einzige Ort, an dem es Internet gibt. Eine Tankstelle gibt es auf der Insel auch nicht. Die Einheimischen müssen Fässer mit Benzin aus Port Vila bestellen und in ihrem Dorf lagern. Ein kleines Kraftwerk versorgt gerade mal Lenakel und den Flughafen mit Strom. Die Menschen leben im Dschungel, völlig abgeschieden von der Außenwelt. Die meisten Menschen sind niemals außerhalb Tannas gewesen. Der westliche Lebenstil ist den Menschen hier völlig unbekannt. Um es kurz zu fassen: Tanna hängt allem, was ich bis jetzt sehen durfte mindestens ein paar hundert Jahre hinterher.




Was treibt einen Touristen auf solch eine Insel. Tanna hat ein Ass im Ärmel. Und zwar ist das der Mount Yasur, ein aktiver Vulkan, der als der zugänglichste aktive Vulkan der Welt gilt. Aber mehr dazu gleich. Das ist auch der Grund, weshalb ich nach Tanna gekommen bin. Ich wollte unbedingt diesen Vulkan sehen. Nasse hat mich dann mit einen der wenigen Autos auf Tanna vom Flughafen abgeholt. Der Flughafen ist auf der Westseite der Insel, der Vulkan auf der Ostseite. Wie gesagt, gibt es keine befestigten Straßen. Die Fahrt dauerte 2 Stunden und es war ziemlich holprig. Da wurde man ordentlich durchgeschüttelt. Nasse war natürlich nicht nur für mich zuständig, sondern war wie ein öffentliches Taxi. So hatten wir nach einer Weile das Auto voll mit Einheimischen und jede Menge Gemüse und Obst auf der Ladefläche. Es ging zunächst nach Lenakel auf den örtlichen Markt. Dann ging es Mitten hinein in den Dschungel Tannas. Auf dem Weg sehe ich doch tatsächlich ein Polizeiauto, vollgepackt mit Einheimischen und ihren Sachen. Unglaublich, das Polizeiauto wird hier als öffentliches Transportmittel missbraucht. Der Polizist chauffiert Leute über die Insel, anstatt für Recht und Ordnung zu sorgen. Welche Recht, welche Ordnung? Haha, so etwas existiert auf Tanna nicht. 

 Der Markt in Lenakel



 Eine neue Schiffsladung aus Port Vila im rostigsten Boot, das ich je gesehen habe


 An der Straßenseite verkaufen die Einheimischen ihre Ernte


Das ist übrigens die Wurzel aus der Kava gemacht wird


 2 Stunden lang durchgeschüttelt



Dann nach ca. 1,5 Stunden Fahrt, während wir hier und da mal ein paar Leute abgeworfen und aufgeladen hatten, tauchte er vor uns majestätisch auf. Vor dem Vulkan war eine riesige Aschelandschaft. Alles war grau. Keine Pflanzen. Nichts. Einfach nur Asche überall und am Horizont tiefgrüner Dschungel. Die Natur ist verrückt. Schon allein die Fahrt durch die Aschelandschaft am Fuße des Vulkans hat mir die Sprache verschlagen. Das war sehr beeindruckend, aber seht selbst. 





Meine Unterkunft war mitten im Dschungel am Fuße des Vulkans. Kelson begrüßte mich und sehr überraschend hat er auch recht gut Englisch gesprochen. Meine Unterkunft war einfach, aber OK. Immerhin durfte ich mal wieder in einen dieser selbstgebastelten Häuser schlafen. Elektrizität gab es nur für ca. 2 Stunden während des Abends. Gerade mal genug, um meine Kamera aufzuladen. 2 Tage ohne Strom, Handy, Internet und Technologie. Das war sehr neu für mich, aber es war OK. Das „Restaurant“, wie es Kelson nannte, war eine einfache Hütte. Das Essen war zwar recht einseitig (wo soll es auch herkommen?), aber echt lecker. Nach einem guten Nickerchen ging es dann auf zum Vulkan. Gemeinsam mit Clement, den ich im „Dschungelcamp“, wie ich meine Unterkunft jetzt mal nenne, getroffen habe, ging es auf einen 1-stündigen Fußmarsch hinauf zum Vulkan.

Meine Unterkunft


 Auf dem Weg zum Kraterrand



Wir haben es bis oben hin geschafft. Das Grollen des Vulkans ist ziemlich furcht einflössend. Ich glaube, ich war zum richtigen Zeitpunkt da, denn wenn der Vulkan zu aktiv ist, ist es zu gefährlich, um bis auf den Kraterrand zu gehen. Ist der Vulkan nicht sehr aktiv, dann kann man die Lava nicht wirklich gut durch die Lüfte fliegen sehen. Der Vulkan hatte die richtige Laune an dem Tag. Es war genau richtig. Man konnte gerade noch auf den Kraterrand steigen und nicht von Lavabrocken getroffen werden. Dann zuckte ich zusammen. Eine Explosion. Und was für eine. Da habe ich mir fast in die Hosen geschissen. Und dann fliegen die Lavabrocken durch die Lüfte. Was für ein Spektakel. Man kann richtig sehen, wie zunächst die Druckwelle aus dem Schlot kommt, gefolgt von einem lauten Donnern und die Explosion lässt die Lava durch die Lüfte fliegen. Es hat mich einige Zeit gedauert mich daran zu gewöhnen, denn man hat zunächst immer Angst von der Lava getroffen zu werden. Und tatsächlich muss man einige Male einen Schritt zur Seite machen, um nicht von der Lava getroffen zu werden. Dann hat doch tatsächlich auch noch ein Paar aus Israel auf dem Krater geheiratet. Alles grau und Explosionen. Das hatte für mich mehr die Atmossphäre einer Beerdigung. Naja, jeder hat andere Geschmäcker. Wir sind bei Tageslicht angekommen und sind geblieben bis es dunkel wurde. Leider ist das Video zu groß zum Hochladen, aber hier die besten Bilder.
















Als wir zurück in Camp waren, hatten Kelson und sein Freund Kava gebraut. Einen ganzen Liter. Ich habe Euch ja schon von Kava erzählt, aber hatte irgendwie noch nie den Effekt wirklich gespürt. Nicht so dieses Mal. Dieser Kava war einfach nur sehr stark. Vanuatu braut den stärksten Kava im Pazifik. Zunächst merkte ich nichts. Als wir dann aber zum Abendessen gingen, merkte ich wie der Kava reinhaute. Ich war stoned und unglaublich relaxed. Unglaublich, aber wahr. Von einer Wurzel?!?! Das Beste ist, Kava macht weder abhängig, noch hat es ernste gesundheitliche Schäden. Die Einheimischen hier wissen, wie man organische Drogen herstellt :D Ich nehme alle Vorurteile über Kava zurück. Das Zeug wirkt echt wie ein Betäubungsmittel. Wir haben dann den Abend mit ein paar Bieren ausklingen lassen. Völlig entspannt saßen wir vor meiner Hütte und starrten auf den flimmernden roten und grollenden Horizont. Magisch.

Am nächsten Morgen sprach ich mit Kelson und wir kamen ins Gespräch über Ashboarding. Was ist denn Ashboarding? „Den Vulkan herunterrutschen, natürlich“ sagte Kelson. Ich wollte das natürlich ausprobieren. Kelson gab mir seine 2 Söhne an die Hand, die mich dann in ein kleines anderes Dorf brachten, um das Board abzuholen. Ich staunte nicht schlecht. Ich dachte, er meinte ein kleines Holzboard oder sowas. Es war ein Snowboard. Upps, ich glaube die betreiben hier Ashboarding als seriösen Sport. Zu geil. Die beiden Kinder haben mich dann zum Vulkan begeleitet. Ich habe niemals zuvor auf einen Snowboard gestanden, was mir en wenig Angst machte. Tanna ist ja nun auch nicht gerade übermäßig mit Doktoren und Krankenhäusern ausgestattet. Was solls? Ich musste das einfach ausprobieren. Und es ging ziemlich gut. Es hat super viel Spaß gemacht. Leider habe ich keine Bilder davon, denn Kelsons Kinder konnten wenig Englisch sprechen, noch haben sie jemals zuvor in ihrem Leben eine Digitalkamera gesehen. Dann musste ich auch feststellen, dass Regen an einem Vulkan nicht gerade sehr angenehm ist. Die ganze Asche in der Luft bindet sich im Regen und lässt sich auf Körper und Sachen nieder. 




Nach dem Mittagessen wollte ich dann heiße Quellen in der Nähe des Vulkans besichtigen. Kelson gab mir nur eine grobe Wegbeschreibung. Ich habe die Quellen deshalb nicht gefunden. Das machte aber auch nichts, denn so konnte ich die Aschelandschaft um den Vulkan noch einmal näher betrachten. Auf meinen Weg sah ich doch tatsächlich Einheimische mit einer Steinschleuder. Nachdem ich aus dem Dschungel ein Grunzen hörte, war mir klar, die jagen ein Wildschwein. Die Jagen ein Wildschwein mit einer Steinschleuder? Sind das hier Höhlenmenschen? Immer wieder konnte ich Einheimische auf meinem Weg sehen, die leichtbekleidet und nur mit einer Machete bestückt durch den Dschungel zogen. Wow, nie hätte ich gedacht, dass Leute im 21.Jahrhundert immer noch so leben. Ich sah die Leute und musste mir die großen Städte zu Hause und die ganze selbsverständliche Technologie zu Hause vorstellen. Das ist einfach eine komplett andere Welt. 










Am nächsten Morgen ging es zurück zum Flughafen. Auf dem Weg hielt Nasse an und sprach mit jemanden in Bislama. Er drehte sich zu mir und sagte: „Da ist gerade jemand am Sterben“ Ich fragte ihn erstaunt, ob man dieser Person denn nicht helfen möchte und ob ein Doktor in der Nähe ist. Nasse entgegnete mir nur: „Die haben ein Doktor da. Ach, ich weiß auch nicht…“ Ohh, anscheinend ist es hier an der Tagesordnung, dass ab und zu mal jemand verstirbt.

Die 2 Tage auf Tanna waren Wahnsinn. Nicht nur der Vulkan, sondern auch die Lebenweise der Menschen hier.

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