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Sonntag, 17. März 2013

Auf ins Paradies

Da sitze ich nun in der Eingangstür meines Zimmers und versuche die richtigen Worte zu finden für das, was ihr gleich lesen werdet. Meine Kinnlade bekomme ich irgendwie einfach nicht hoch, um den Mund zu schließen. Kneift mich, BITTE! Ich bin einem Herzinfarkt nahe. Glaube ich. Ne, ist doch nur Bluthochdruck aufgrund grenzenloser Freude und Aufregung. Ich schaue aus meinem Zimmer heraus und alles scheint normal zu sein. Ein ganz normaler Tag. Aber im Moment ist hier in meiner Eingangstür absolut gar nichts normal. Liebe Leser und Fans dieses Blogs, bitte reibt Euch noch ein letztes Mal die Augen, nehmt einen tiefen Atemzug und sucht euch etwas woran ihr Euch festhalten könnt (ihr braucht es), denn was ihr jetzt lesen werdet ist einfach die absolute Superlative in den letzten 2 Jahren, ich würde sogar sagen, gerade wird Geschichte geschrieben; für mich zumindest ;)
Ich habe Euch in einen der letzten Einträge eine letzte große Überraschung angekündigt. Nun, es ist an der Zeit, das Geheimnis zu lüften. Sicherlich fragt ihr Euch schon die ganze Zeit, was macht er eigentlich mit dem vielen Geld, dass er in Australien verdient. Ihr fragt Euch bestimmt, was macht er denn nun, wenn sein Visum im August ausläuft. Ihr fragt Euch, warum ist er denn immer noch an diesem gottverlassenen Ort namens Balladonia. Ihr fragt Euch, wann wird er denn endlich Australien verlassen. Dieser Eintrag gibt Euch die Antwort auf Alles.

Neben den langen Arbeitstagen in den letzten paar Wochen und meinem Abstecher nach Norseman, habe ich meine Freizeit vor allem dazu genutzt, um den letzten Abschnitt dieses grandiosen Abenteuers zu planen. Ich wollte dieser Reise einfach noch irgendwie ein Sahnehäubchen aufsetzen. Eigentlich wollte ich ja nach einem Jahr zurück kommen und auf dem Rückweg für ca. 1 Monat in Süd-Ost-Asien vorbeischauen. Naja, das hatte sich ja dann spätestens als ich das 2nd Year Visa bekommen habe erledigt. Die Idee mit Süd-Ost-Asien blieb jedoch. Im Laufe des zweiten Jahres hatte ich dann einen dieser Geistesblitze, dass wenn man schon einmal in Australien ist, ja auch zumindest einmal auf eine der unzählig vielen Südsee-Inseln im Pazifik reisen muss. Von Europa aus fast unbezahlbar, sollten die Flüge von Australien ja „relativ“ günstig sein. Von anderen Backpackern wurde immer wieder das Wort „Fiji“ in den Mund genommen. Ach, die Reiseplanung ist immer so aufregend. Ich habe mir die letzten Wochen also die Tage und Nächte mit dem Lonely Planet (Reiseführer) für Südost-Asien und den Südpazifik um die Ohren geschlagen. Manchmal konnte ich kaum schlafen, weil alles so aufregend war. Ich habe verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen und geschaut, ob ich das finanziell meistern kann. Ich habe versucht, die günstigste Reiseroute per Flugzeug herauszufinden. Es gibt einfach irgendwie immer Millionen Möglichkeiten irgendetwas zu machen. Am liebsten würde man überall hin wollen, aber das geht nun mal nicht. 
Jedenfalls vor ein paar Minuten – nach Wochen des Grübelns – habe ich meine Planung abgeschlossen. Mit ein paar Klicks habe ich das Unfassbare besiegelt. Ich habe so eben 8 Flüge im Wert von 1786 AU$ (1421€) gebucht. Meinem Papa sei gesagt, er kann schon mal den Computer hochfahren und den Flugsimulator anschmeißen ;) Ich kann es echt nicht fassen. Was kann mich denn nach fast zwei Jahren in Australien noch sprachlos machen? Die Antwort ist: Dieser Moment. Das ist einfach die Krönung der gekrönten Krönung, das i-Tüpfelchen auf dem dreifachen i, das ist die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Ich habe das unmöglich Erscheinende möglich gemacht und ich werde einen Traum, den Viele von uns haben, Wirklichkeit werden lassen. Aus einer anfänglichen Idee wurde eine Vision und nun tatsächlich auch Realität :) Nun möchte ich Euch aber nicht länger auf die Folter spannen, sondern ich erzähle Euch jetzt, wo es hingeht.

Am 3. August 2013 ist der Moment gekommen, den ich einfach überhaupt nicht herbeisehnen möchte. Es ist Zeit Australien zu verlassen! Der 3. August 2013 wird ein ganz ganz trauriger und sentimentaler Tag werden. Fast auf den Tag genau (1 Tag fehlt) 2 Jahre nachdem ich in den Flieger am Frankfurter Flughafen eingestiegen bin, werde ich in Melbourne am Flughafen den Stempel in meinen Reisepass bekommen, der sagt „departed“ (ausgereist) und mit beiden Beinen dieses einzigartige Land Australien verlassen. Die letzten Tage in meiner Lieblingsstadt Australiens zu verbringen ist dafür umso schöner. Um aber gar nicht erst großes australisches Fernweh aufkommen zu lassen, werde ich mich direkt ins nächste Abenteuer stürzen.
Mit Virgin Australia geht es am 3.August von Melbourne aus mit einem Zwischenstop am Flughafen in Auckland (Neuseeland) über die Datumsgrenze hinweg nach Rarotonga. Rarotonga? WAS? Was ist das denn? Willst du uns verarschen? Nein, will ich nicht. Rarotonga ist die Hauptinsel des Inselnselsaates Cook Islands und liegt inmitten des endlosen Pazifik, tausende Kilometer entfernt vom nächsten Kontinent. Was mich hier erwartet? Schlichtweg das Paradies. Palmen, Korallenriffe, weiße Sandstrände. Wie man sich die Südsee eben vorstellt. Damit aber noch nicht genug. Nach 9 Tagen im Paradies werde ich in einer kleinen Propellermaschine von Air Rarotonga zum Aitutaki Atoll fliegen und ein wenig Robinson Crusoe spielen. Ach komm, hör doch auf uns so einen Bären auf die Nasen zu binden!?!?! Ihr glaubt mir nicht? Dann müsste ihr wohl auf die Bilder warten ;) Jedem sagt glaube ich Bora Bora etwas. Das Paradies auf Erden. Da wolltet ihr doch bestimmt schon mal hin. Das Aitutaki Atoll ist so ziemlich das, was man sich unter Bora Bora vorstellt. Hier, „am Ende der Welt“ werde ich für 4 Tage einfach nur die Seele baumeln lassen, Cocktails schlürfen, meine eigene unbewohnte Insel finden und versuchen die Zeit anzuhalten. Tut mir einen Gefallen und klickt einfach mal auf diese beiden Links bevor ihr weiter lest und schaut Euch diese Bilder an.




Wie? Ihr glaubt mir immer noch nicht? Was sagt ihr denn dazu? Das ist das Ticket ins Paradies! Ich glaube, ungelogen, das werden die schönsten Tage meines Lebens werden.


Rarotonga und Aitutaki sind aber noch nicht das Ende. Das war erstmal die Aufwärmphase für mehr Südseefeeling. Am 16.August geht es zurück nach Rarotonga und einen Tag später geht es wieder mit Virgin Australia zurück über die Datumsgrenze nach Auckland in Neuseeland. Ich werde mir 3 Tage ein wenig Auckland anschauen und soweit von Deutschland wie nie zuvor entfernt sein (so ziemlich genau 18000km). So kann ich wenigstens auch sagen, ich habe mal Fuß auf neuseeländischen Boden gesetzt :) Dann geht es am 21. August weiter, mit Virgin Australia natürlich, zum nächsten paradiesischen Inselstaat. Samoa. Nein kein Scherz, Samoa steht auch auf dem Programm :) Für 10 Tage. Am 1.September geht es dann mit Air Pacific nach Nadi auf der fidschianischen Hauptinsel Viti Levu. In 2 Wochen werde ich die Inselgruppe der Yasawas besuchen und mir meinen Weg auf Viti Levu nach Suva, die Hauptstadt Fijis, bahnen. Von Suva geht es dann am 15. September mit Air Pacific nach Port Vila, Hauptstadt des Inselstaates Vanuatu. Ich werde die Hauptinsel Efate ein wenig erkunden und einen Abstecher zur Insel Tanna machen, um den am zungänglichsten aktiven Vulkan der Welt, den Mount Yasur, zu erklimmen. Dann werde ich mir meinen Weg zur Insel Espiritu Santo bahnen, wo ich Höhlen und weiße Strände besuchen werden. Das Highlight wird wohl ein Tauchgang an einen der beliebtesten Schiffwracks der Welt werden, der USS Coolidge. Das wird auch der letzte Ort auf meiner Reise durch den Pazifik sein. Am 29.September wird es von Luganville mit Air Vanuatu nach Brisbane gehen.
Ja Brisbane, hier wo alles angefangen hat in Australien. Ein letztes Mal werde ich Australien betreten und die letzte noch offene touristische Attraktion in Australien mitnehmen, die Gold Coast (Byron Bay und Surfers Paradies. Bis Brisbane sind alle Flüge gebucht. Es gibt also kein zurück mehr. Die Südsee wird Wirklichkeit. Aber auch von Brisbane werde ich noch nicht direkt nach Hause kommen. Der weitere Plan sieht wie folgt aus. Ich werde dann von Brisbane nach Bali fliegen und mir Bali, Lombok und die Gili Islands anschauen. Dann werde ich entweder einen Flug von Bali nach Kuala Lumpur (Malaysia) nehmen oder mir einen Weg über Java und Sumatra bahnen und dann mit dem Boot nach Malakka in Malaysia übersetzen. Nachdem ich Malaysia erkundet habe, wird es nach Thailand, Laos und Kambodscha gehen. Wenn dann noch Geld übrig ist, werde ich Vietnam hochreisen und wenn dann noch Geld übrig ist werde ich mir zum krönenden Abschluss noch Myanmar anschauen. Wie gesagt, Vietnam und Myanmar wäre nett, aber da wäre ich jetzt auch nicht traurig, wenn ich das nicht mache. Indonesien/Bali, Malaysia, Thailand, Laos und Kambodscha hingegen stehen auf jeden Fall auf meiner Liste.
So jetzt atmen wir erstmal tief durch. Ich bin wahnsinnig oder? Das geht echt auf keine Kuhhaut mehr. Da denkt man Australien wäre der Höhepunkt gewesen und er hätte genug. Und dann haut er so ein Ding zum Ende raus. Aber wenn nicht jetzt wann dann richtig? Noch ein letztes Mal richtig schön viel Geld zum Fenster rauswerfen in der Südsee und mit dem australischen Geld wie ein millionenschwerer König in Asien leben. Das Leben könnte nicht besser sein. Eigentlich wollte ich Euch in diesem Eintrag auch überraschen und Euch das Datum sagen, wann ich endlich zurück nach Deutschland komme. Die Reise durch denn Pazifik lässt sich ja noch ungefähr planen, da es ja jetzt auch nicht unendlich viel auf den doch recht kleinen Inseln zu sehen gibt. Nachdem ich jedoch den Lonely Planet für Südost-Asien durchgewälzt habe, ist mir erstmal bewusst geworden, dass es doch um einiges schwieriger werden wird durch Südost-Asien zu reisen als durch Australien und das es einfach Unmengen zu sehen gibt. Wenn ich eines gelernt habe, dann ist es, dass man eine Reise einfach nicht soweit im Voraus planen kann. Das ist auch der Grund, warum ich die Flüge bis jetzt nur bis Brisbane gebucht habe. Mir war es eigentlich auch ganz wichtig vor Weihnachten wieder zu Hause zu sein. Zeitlich wird das Ganze jedoch sehr eng werden, wenn ich erst Mitte Oktober nach Bali fliegen werde. Ich musste mich also irgendwie entscheiden. Es war nicht einfach, aber ich habe mich letztendlich dazu entschlossen, dass ich in Südost-Asien ohne Zeitdruck bis Myanmar oder bis mein australisches Geld aufgebraucht ist, reisen werde, auch wenn die Gefahr besteht, dass ich ein drittes Weihnachten nicht zu Hause verbringen werde. Die Gefahr, dass ich einige Länder auslasse und es später bereuen werde, ist einfach zu groß. Das will ich nicht, auch wenn es mir sehr schwer fallen wird noch ein weiteres Weihnachten am Ende der Welt zu verbringen. Ich werde dennoch versuchen, wenn es möglich ist, vor Weihnachten nach Hause zu kommen.
Ihr müsst also noch ein wenig warten bis ich Euch das entgültige Datum sage, wann ich zurück nach Deutschland komme. Aber Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude nicht wahr? ;) Im Moment freue ich mich jedoch erstmal, dass der Traum, einmal auf einer Südseeinsel zu sein, Wirklichkeit wird und ich endlich sehe, warum ich mir an diesem einsamen Ort Balladonia die letzten Monate den Buckel krumm gearbeitet habe; bin zugleich aber auch ein wenig traurig, dass das Ende meines Australienaufenthaltes nun entgültig besiegelt ist.

Und hier noch mal eine Übersicht der bereits gebuchten Flüge


PS: Falls mich jemand begleiten will durch den Pazifik oder durch Süd-Ost-Asien, ihr seid herzlich eingeladen. Flug buchen, Koffer packen und auf gehts. Kann ja nicht so schwer sein. Ich habe es Euch jetzt vorgemacht, wie es geht ;)

Montag, 11. März 2013

Norseman Cup Day - Teil II

Kurz nach 18 Uhr hat mich dann Clay abgeholt und zum Pub in Norseman gebracht. Dave hatte organisiert, dass jeder von uns ein Zimmer über Nacht im Pub bekommt. Clay hat mir also mein Zimmer für die Nacht gezeigt. Ich habe mich dann frisch gemacht und mich in Schale geschmissen. Völlig unwissend, dass gleich die größte Herausforderung auf mich wartete, die ich bis jetzt in einem Job in Australien zu bewältigen hatte, trat ich meinen Weg hinter die Bar an. An der Bar angekommen, schimmerte mir schon, was der Abend für mich bereit halten würde. Mittlerweile strömten alle schon gut angetrunkenen Besucher vom Pferderennen in die Stadt und viele von denen auch in den Pub. Es war mit Sicherheit der Tag des Jahres, an dem der Pub am vollsten ist. Der Tresen auf der anderen Seite war voll mit immer noch durstigen Leuten, gierig und ungeduldig nach neuen Drinks und Essen. Auf meiner Seite der Bar war nur Floss, eine Neuseeländerin, die hier regelmäßig arbeitet. Sie war super freundlich, ich bemerkte aber schon, dass sie ziemlich beschäftigt war und nicht wirklich Zeit hatte mir alles zu erklären. Zudem war der Bottleshop hinter der nächsten Tür noch offen, den wir gleichzeitig mit der Bar auch noch abfertigen mussten. Ich fand mich also im absoluten Chaos wieder. 2 Kassen, eine im Bottleshop, eine in der Bar. Beide grundverschieden und ich hatte sie nie zuvor gesehen, geschweige denn bedient. Die Beschriftungen der Tasten waren teilweise schon sehr verwischt. Keine Ahnung, was man macht, wenn jemand mit Bankkarte bezahlen will. Kein Plan, wo man die ganzen Drinks in den Kühlfächern findet. Wo finde ich denn diese eine bestimmte Weinflasche im Bottleshop in einem Regal mit 1000 anderen Weinflaschen? Nie zuvor hatte ich in solchem Ausmaße Getränke mixen müssen. Dann hatte auch noch jedes Getränk einen eigenen Knopf auf der Kasse. Nächstes Problem: Bier zapfen. Nie zuvor gemacht. Dann gibt es verschiedene Glasgrößen in Western Australia. Von groß nach klein sind das Pint, Schooner, Middy und Glas. Dann gibt es 3 verschiedene Bierarten in Australien. Fullstrength Bier (normales Bier), Midstrength (3,5% Vol) und Lightbeer (schmeckt fast wie Wasser). 4 Glasgrößen x 3 Bierarten = 12 verschiedene Knöpfe auf der Kasse. Muss ich noch mehr sagen. Wo finde ich die verdammten Gläser? An einer anderen Maschine mussten Wetttickets gescannt werden und der Betrag ausgezahlt werden. Dann gab es auch noch ein Menü für Essen. Wie sieht denn die verdammte Bestellung für die Küche aus? Wo ist denn eigentlich die Küche? Ahhhhhhhhhhhh… Das darf doch alles nicht war sein. Das waren nur so einige Probleme mit denen ich zu kämpfen hatte. Nie zuvor hat man mich in dermaßen kaltes Wasser geworfen. Aber nach 19 Monaten habe ich gelernt, wie man an solche Sachen herangeht. Floss hat mir echt geholfen, wo sie nur konnte, aber mir war nach der ersten Minute schon klar, dass ich mir hier alles irgendwie selbst erklären muss. Das Wichtigste war jetzt, nicht ungeduldig zu werden und bloß nicht die Kontrolle zu verlieren. Nach und nach versuchte ich mir mit ein wenig Logik und Herumsuchen, die meisten Dinge selbst zu erklären. Manchmal konnte mir aber echt nur Floss weiterhelfen und die Leute an der Bar mussten dann natürlich ziemlich lang auf mich warten. Manche waren sehr ungeduldig und schmissen mir ein paar unfreundliche Wortbrocken entgegen. Aber das war mir zu diesem Zeitpunkt scheißegal. Ich wollte einfach nur das System verstehen. Und es hat sich tatsächlich ausgezahlt. Nach ca. 20 Minuten hatte ich die meisten grundlegenden Dinge verstanden und nach weiteren 20 Minuten war ich drin. Es fing an Spaß zu machen. Ich habe Biere gezapft wie ein Weltmeister, die Tasten in die Kasse gehauen, Essensbestellungen entgegen genommen als ob es keinen Morgen gäbe, Kreditkarten ohne Ende abgerechnet, Preise im Bottleshop gescannt und am wichtigsten, die durstigen Mäuler mit neuem Alkohol versorgt :) Selbst Floss fand ein Stück ihres Lächelns wieder. Und dann kam mein großer Moment. Dave kam zur Bar und meinte erstmal, dass ich fantastisch in meiner Bügelfaltenhose und meinem schwarzen Hemd aussah. Als er mich dann Bierzapfen sah, ich schwör, er war schon ein wenig überrascht und stolz, dass sein Mitarbeiter das so gut hinbekommt. Lustigerweise musste ich dann Dave sogar, der ja mein eigentlicher Boss in Balladonia ist, nach seiner Kreditkarte fragen, da er auf Tab (Anschreiben lassen) bestellt hatte. Sehr witzige Situation. Mein Boss ist mein Kunde :D
Gegen 21 Uhr hatten mich Clay und Marion dann erlöst. Meine Schicht hinter der Bar war zu Ende, ich habe mir erstmal einen leckeren Fischburger bestellt und zusammen mit Marion und Clay Abendbrot gegessen. Was für ein paar überragende Stunden. Was für ein überragender Tag. 

Das war mal wieder australisches Kino auf ganz hohem Niveau. Aber der Tag war noch nicht zu Ende. Nach 10 Stunden arbeiten  entschloss ich mich auf den Weg zur anderen Seite der Bar zu machen anstatt ins Bett zu fallen. Auf meinem Weg dorthin habe ich Dave getroffen. Er hat mir zu meiner tollen Schicht hinter der Bar gratuliert und ich kann euch echt sagen, auch wenn er das nicht gesagt hat, er war beeindruckt, dass ich das so gut hinbekommen habe. Dave hatte schon so eine Vorahnung wie der Tag enden würde und meinte nur: „Ich fahre morgen  früh 7 Uhr zurück nach Balladonia. Mit oder ohne Euch.“ Er wollte glaube ich damit nur sagen, dass wir soviel trinken können, wie wir möchten, solang wir morgens im Auto sitzen und nachmittags wieder arbeiten können :) Ich habe mir also das größtmöglichste Feierabendsbier bei Floss bestellt. Dann ging es mit Heidi und unseren Kollegen von der BP in Norseman in einen Workers Club. Keine Ahnung was es genau war, aber es spielte eine Live-Band und ich sah viele bekannte Gesichter vom Pferderennen wieder, mit nur einem Unterschied, dass sie nun noch betrunkener waren. Wir hatten viel Spaß dort und es würde mal wieder den gesamten Rahmen sprengen hier alle Geschichten aufzuzählen. Und wie das in einer Outbackstadt so ist, kamen da doch tatsächlich einige Leute zu mir und meinten: „Hey, du bist doch der Barkeeper vom Pferderennen heute.“ „Ja, das bin ich.“ Da verbringt man ein paar Stunden in Norseman und bleibt den Leuten als „Sebastian, der Barkeeper“ in Erinnerung. Ach, wie schön. Dann bestellte ich mir gerade ein Bier als ich die weibliche Küchenhilfe aus dem Pub 5m weiter an der Bar sah. Ich will ja nicht schlecht über Leute reden, aber sie war echt nicht die Hübscheste. Das ist eigentlich noch ziemlich nett ausgedrückt ;) Sie winkte mir zu und schrie fast: „Hey Sebastian“ Dann sah ich sie, wie sie ihren Freundinnen versuchte stolz zu erklären, dass sie mit mir heute im Pub zusammengearbeitet hat. Ihre Freundinnen waren aber allesamt auch nicht viel hübscher. Ich gab ihr also einen höflichen Wink und ein kleines Lächeln aus Anstatt zurück und versuchte mich irgendwie ihrem Blickwinkel zu entziehen. Jaja, Berühmtheit bringt eben auch viele Schattenseiten mit sich :D 

Gegen Mitternacht war ich eigentlich schon auf den Weg zurück zum Pub und in mein Bett bevor mich Lena ins „Partyhaus“ von Norseman eingeladen hatte. Das Partyhaus gehört Norman, ein Phillippino, der Küchenchef in der BP Tankstelle in Norseman ist. Mir wurde auch schnell klar, warum es das Partyhaus ist. Laute Musik, betrunkene Leute und ohne Ende Alkohol und Essen umsonst. Naja dort bin ich dann noch bis 3 Uhr geblieben bevor ich totmüde und überglücklich in mein Bett gefallen bin. Ein perfekter Tag ging zu Ende. Das waren mal wieder Erlebnisse, die man einfach nicht vergisst. Ich glaube als Barkeeper habe ich auch meine zweite Berufung gefunden. Das hat echt super viel Spaß gemacht, mal hinter einer richtigen Bar zu arbeiten. Da kann ich Dave eigentlich gar nicht genug danken, dass er mir nicht nur den Job hinter der Bar beim Pferderennen, sondern auch noch im Pub besorgt hat. Leider, leider war ich im Pub so beschäftigt, dass ich nicht mal ein Bild machen konnte. Auch im Workers Club habe ich wieder anderen Dingen Priorität geschenkt anstelle des Bilderknipsens. Einzig von Normans Partyhaus habe ich ein paar Bilder auf meiner Kamera am nächsten Morgen gefunden.




PS: Ich habe es nach 3 Stunden Schlaf in Dave’s Auto geschafft und habe nachmittags auch schon wieder in Balladonia gearbeitet.

Norseman Cup Day - Teil I

Es gibt mal wieder etwas Besonderes zu berichten. Und zwar mal wieder Etwas über einen ziemlich perfekten Tag. Es zeigt sich immer wieder, die schönsten Tage in Australien sind einfach diejenigen, die man nicht planen und voraussehen kann. Alles ist mal wieder mehr oder weniger spontan zusammengekommen und herausgekommen ist ein wunderschöner Tag für den ich Australien einfach so liebe. Ich bin mittlerweile auch am Höhepunkt meiner australischen Karriere angekommen und ich habe meine zweite Berufung gefunden. Aber fangen wir mal ganz von vorne an. 

Die letzten 2 Wochen war ich ziemlich hart am arbeiten. Christine hat sich in der Küche an der nagelneuen scharfen Reibe gleich mal ein schönes Stück Fleisch vom Finger abgeschnitten. Naja, sie musste zum Doktor nach Norseman fahren, was auch gleichzeitig das Krankenhaus dort ist. Sie wurde für eine Woche krank geschrieben. Dave musste dann natürlich umorganisieren und jeder musste nun natürlich etwas mehr schuften, um ihre Stunden zu kompensieren. Sollte mir natürlich recht sein. So musste ich letzte Woche zum Teil 12 Stunden Schichten schieben. 8 Uhr Start. 22 Uhr Ende. Aber hey, ich will mich nicht beschweren., wir sind hier schließlich in Balladonia. Da will jeder Geld machen ohne Ende. Luke, der jeden Freitag mit dem Truck aus Esperance kommt, hatte uns vor ein paar Wochen mal angeboten, dass er uns Zeug mitbringen könnte, falls wir etwas bräuchten. Da alles in Balladonia natürlich wahnsinnig teuer ist, sind wir natürlich auf dieses nette Angebot zurückgekommen und haben gleich mal ein paar Bierkisten aus Esperance ohne Dave’s Wissen bestellt. Dave ist immer ein wenig angepisst, wenn wir Alkohol nicht hier im Roadhouse kaufen, sondern von woanders kaufen. Aber mal ehrlich. Die Kiste Carlton Dry kostet hier in Balladonia fast 70$ (~55€). Luke kann uns die gleiche Kiste aus Esperance schon für 40$ (~32€) besorgen. Als Luke dann eines freitags mit dem Truck aufschlug, haben wir also ein paar prallgefüllte Bierkisten an Dave vorbei in unsere Zimmer geschmuggelt :D Ihr seht, die Versorgung läuft in Balladonia. Normalerweise bekommen wir auch nicht die Gerichte vom a’la carte Menü. Einen Tag hatte Dave aber anscheinend die Spendierhosen an und lud uns zum Mitarbeiterdinner ein. Kurzerhand haben wir den Werktisch in der Küche, an dem sonst Gemüse und alles Mögliche geschnippelt wird, in einen Dinnertisch umfunktioniert. Jeder durfte ein Gericht vom a’la carte Menü seiner Wahl suchen. Ich habe mir es natürlich nicht nehmen lassen, dass Scotchfillet zu bestellen. Es ist das teuerste Gericht überhaupt. Es kostet 32,90$ (~25€). Das war ein herzhaftet Stück Fleisch sage ich Euch. Super lecker.

Der umfunktionierte Dinnertisch

 Mein Scotchfillet


 Hochkonzentriert beim Arbeiten


Unsere skandininavischen Mitarbeiter Mari-Liis (Estland) und Heidi (Finnland)


 Bewölkter Sonnenuntergang in Balladonia


Irgendwann in den letzten Wochen hatte Dave dann ein neues Memo an das „Staff Board“ geheftet. Das Staff Board ist die Informationstafel für alle Mitarbeiter hier. Dort findet man den Schichtplan und alles Mögliche, was in Balladonia von Interesse sein könnte, was wahrlich nicht sehr Viel ist ;) Jedenfalls dauerte es nicht einmal 1 Minute bis Heidi und ich Dave’s neues Memo gesehen haben.
Jedes Jahr im März findet der Norseman Cup Day statt, ein Outback-Pferderennen, zu dem sogar Leute extra aus Perth, Kalgoorlie und Esperance in dieses kleine Städtchen reisen. Um es anders zu sagen. An diesem Tag, wahrscheinlich dem einzigsten im Jahr, wird aus der kleinen ruhigen Stadt mit ein paar tausend Einwohnern eine richtige Kleinstadt von öffentlichem Interesse. Und alle Besucher sind natürlich durstig. Sehr durstig. Man muss allerdings eine Lizenz in Australien besitzen, um Alkohol ausschenken zu dürfen. Da es in Norseman allerdings anscheinend nur einen wirklichen Pub gibt, gibt es auch nur einen Lizenzinhaber, Clay vom Pub in Norseman. Da Clay jedoch an diesem Tag den Durst der Besucher im Pub stillen muss, musste ein anderer Lizenzinhaber für den Ausschank an der Pferderennbahn gefunden werden. Und da kommt Dave jedes Jahr ins Gespräch, da er anscheinend der nächstegelegene Lizenzinhaber ist. Jedes Jahr voluntiert er also bei diesem Pferderennen. Und an der Bar braucht er natürlich dann auch ein paar Arbeitskräfte. Und genau darum ging es in dem Memo. Dave suchte ein paar Freiwillige für die Bar. Da man für die Bar ein RSA (Responsible Service of Alcohol – ist so etwas wie eine Ausschanklizenz für Mitarbeiter) in Australien braucht, kamen also nur Mike, Mari-Liis, Heidi oder ich in Frage. Bevor also Mike oder Mari-Liis das Memo sehen konnten, sind Heidi und ich schon zu Dave gesprintet und haben ihm deutlich gemacht: „Hier, ich will. Nimm mich.“ Heidi und ich sollten also mit Dave am 9.März zum Norseman Cup Day fahren. Es war uns egal, ob die Arbeit bezahlt ist oder nicht. Einfach mal einen Tag aus Balladonia herauszukommen. Schon allein das war es wert.
3 Tage vor dem Pferderennen hat mich dann Dave zu einen persönlichen Gespräch in sein Büro gerufen. Clay vom Pub in Norseman hatte ihn angerufen. Eine Mitarbeiterin von der Bar sei krank und im Krankenhaus. Sie bräuchten dringend einen Ersatz für den Tag des Pferderennens. Natürlich wieder jemand mit RSA. Dave sagte also: „Die brauchen jemanden für Samstag Abend. Du bist der Einzige, der mir eingefallen ist, der vielleicht Lust hätte dort zu arbeiten.“ Er fragte mich also,  ob ich nach dem Pferderennen noch für ein paar Stunden für 20$ die Stunde cash aushelfen könnte. Was für eine Sternstunde in meiner australischen Karriere. Ich hatte die 20$ total überhört. Das Einzige, was in meinen Ohren schallte, war das Wort „Pub“. Hat er mich gerade ernsthaft gefragt, ob ich an einen der geschäftigsten Tage Norsemans im Pub arbeiten möchte? Ich, als richtiger Barkeeper in einem Outback-Pub?!?! Wahnsinn. Besser geht’s einfach nicht mehr. Ich meinte mittlerweile bin ich ja schon etwas geübt an der Bar in Balladonia, aber das ist einfach überhaupt nicht zu vergleichen zu einem richtigen Outbackpub in einem kleinen Minenstädtchen. Ich war aus dem Häuschen und konnte es mal wieder nicht fassen, was mir da gerade angeboten wurde.

Letzten Samstag ging es also mit Heidi und Dave früh morgens auf ins 2 Stunden entfernte Norseman. Dave hat uns zunächst eine halbe Stunde Zeit gegeben, um ein wenig im örtlichen IGA Supermarkt shoppen zu gehen. Ihr glaubt gar nicht, wie geil es sich anfühlt, nach 2 Monaten mal wieder in einen vollgestopften Supermarkt zu kommen. Konsumgüter überall. Ich fühlte mich, als wäre ich gerade aus einem Entwicklungsland geflohen und habe das erste mal die Chance ein wenig Luxus für Geld zu kaufen. Dave’s Auto bis zum Rand vollgestopft ging es also zur Pferderennstrecke. Dort angekommen, haben wir Trevor wiedergetroffen mit dem ich das alte Roadhouse eingerissen habe. Er hat uns einen Insidertipp gegeben. Wir sollten eine Wette auf das Pferd 4 im Rennen 4 abschließen. Gar nicht mal ein so schlechter Tipp, wie sich später herausstellen sollte. Und der Schauplatz war wie erwartet. Eine braun- bis rotartige Rennbahn. Ringsherum australischer Busch. Im Hintergrund ragt die Goldmine in die Höhe, welche Norseman wahrscheinlich wirtschaftlich am Überleben hält. Alles sieht hier nach Marke Eigenbau aus. Outback halt. Ich bin mit Heidi ein wenig herumgelaufen und wir haben uns ein wenig umgesehen. Pferde gestreichelt, unseren Arbeitsplatz für den Tag besichtigt (die Bar) und und und. Als ich von einem erhöhtem Posten an der Rennstrecke wieder runtergekommen bin, von dem aus ich ein paar Bilder geschossen habe, hat mich jemand angesprochen: „Hast du alles aufgebaut?“ „Aufgebaut????“ „Bist du nicht der Typ fürs Foto-Finish?“ Ich musste erstmal herzlich lachen. Der Typ hat mich mit meiner Kamera gesehen und dachte echt, dass ich die Foto-Finishes mache und auswerte :D Genial.

Die Rennstrecke und ringsherum




Im Hintergrund türmt sich die Goldmine auf


Norseman ist die letzte Stadt bevor es auf den 2000km langen Eyre Highway nach Adelaide gibt. Die letzte Station, um aufzustocken sozusagen. Es gibt hier eine wirklich riesige BP Tankstelle. Und wie es der Zufall so will gehört die Tankstelle zur selben Firma, wie unser Roadhouse. Ich habe also einige unserer Kollegen von der BP in Norseman kennengelernt und Lena aus Hamburg von der BP Norseman hat an diesem Tag sogar zusammen mit uns an der Bar gearbeitet. Es hat super Spaß gemacht. Die Frauen, waren mega gestylt und hatten sündhaft teure und attraktive Kleider an, wie es hier bei den Pferderennen so üblich ist. Die Leute waren sehr durstig und uns gingen nach ein paar Stunden schon die ersten Getränke aus. Zum Ende hin wurden die Leute natürlich auch aufgrund des steigenden Alkoholpegels ein wenig unfreundlicher. Aber das gehört ja auch irgendwie dazu, einem betrunkenen Outbackcowboy oder einem zahnlosen Minenarbeiter klar zu machen, dass sie genug getrunken haben (und wohl besser nach Hause gehen sollten, um über ihr Leben nachzudenken). Ich fand es jedenfalls super und es war mal wieder eine weitere Erfahrung auf meiner Reise. Die Pferde haben wir natürlich auch ab und an uns vorbei ziehen sehen. Wenn hier eines ganz groß in Australien ist, dann ist es Gambling (Wettspiele). Leute haben hunderte an Dollar auf Pferde gesetzt. Und wir wollten natürlich ein Teil dessen sein. Wir wollten also jeder mit 5 Dollar just vor fun eine Wette auf ein Pferd abschließen. Wir hatten natürlich noch den Insidertipp von Trevor im Hinterkopf. Aber ich traute dem Braten nicht so ganz. Es gibt 2 Möglichkeiten, auf ein Pferd zu setzen. Winner oder Place. Bei Winner gewinnt man nur, wenn das Pferd den ersten Platz erreicht. Bei Place gewinnt man, wenn das gewählte Pferd auf einen der drei ersten Plätze landet. Die Gewinnquote ist natürlich bei Winner viel höher, aber dafür ist die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen bei Place natürlich viel höher. Ich habe mich also für Place entschieden. Und es war die goldrichtige Entscheidung. Unser Pferd landete im Foto-Finish auf dem zweiten Platz. Aus meinem 5$ habe ich also 6,50$ gemacht. 1,50$ Gewinn. Haha, es ist zwar nicht viel, aber das Gefühl gewonnen zu haben, ist schon toll. Bei jedem Rennen gehen Raunen und Jubelschreie durch die Menschenmassen. Diese Emotionen sind jedoch witzigerweise nicht den sportlichen Leistungen der Pferde und ihren Reitern gewidmet, sondern viel mehr der Gewissheit, dass man gerade unzählige Dollar gewonnen oder verloren hat. Australier sind Zocker.




Unser Arbeitsplatz: Die Bar



 Dann wurde es voll. Das ist übrigens Lena von der BP Tankstelle in Norseman


Heidi kassierte den ganzen Tag


Die High Society Norsemans


Mein Wettticket, dass mir einen Gewinn von 1.50$ gebracht hat.


Und natürlich noch ein paar Bilder von den Pferden in Aktion